Zuspitzung in Taiwan drückt auf den Dax
Die Spannungen zwischen den USA und China um Taiwan haben am Dienstag am deutschen Aktienmarkt auf die Stimmung und die Kurse gedrückt. Der Dax gab am Vormittag um 0,70% auf 13.385,99 Punkte nach. Nach einem starken Börsenmonat Juli war der Leitindex am Vortag auf der Stelle getreten.
In Taiwan wird die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nach Angaben aus dem Parlament in Taipeh in der demokratischen Inselrepublik erwartet. Es wäre der ranghöchste Besuch eines US-Politikers seit einem Vierteljahrhundert in Taiwan, das die kommunistische Führung in Peking als Teil der „Volksrepublik China“ ansieht. Pelosi würde sich mit der Visite in Taipeh über Warnungen aus Peking hinwegsetzen, in denen auch mögliche militärische Gegenmaßnahmen angedroht wurden. Die Märkte müssten damit einen weiteren geopolitischen Ausnahmezustand verarbeiten.
Die Mehrheit der Investoren gehe zwar nicht von einer militärischen Eskalation zwischen den USA und China aus, sagte Jochen Stanzl, Analyst vom Brokerhaus CMC Markets. „Es könnte trotzdem ein Fehler sein, die Situation zu verharmlosen. Ein Angriff Russlands auf die Ukraine wurde im Vorfeld auch mehrheitlich als nicht wahrscheinlich angesehen.“
Vor diesem Hintergrund flohen Anleger in „sichere Häfen“ wie Staatsanleihen. Im Gegenzug fiel die Rendite der als Benchmark für den Euroraum angesehenen zehnjährigen deutschen Bonds um 4,5 Basispunkte auf 0,72%. Die Renditen langfristiger US-Staatsanleihen fielen auf ein Viermonatstief.
Die stärksten Verluste verzeichneten die Technologiewerte. So gab das Schwergewicht ASML um 2,9% nach. „Jeder zweite Halbleiter wird in Taiwan produziert.“ stellte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect in diesem Zusammenhang fest. Eine Eskalation in Taiwan würde daher einen harten Schlag gegen die westlichen Industrienationen bedeuten. Der Halbleiterausrüster ASML ist in Taiwan mit Fertigungsstätten vertreten.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen verlor 0,81% auf 27.205,35 Zähler. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 lag mit 0,76% im Minus.
„Der mögliche Besuch (Pelosis) hat eine starke Antwort von China nach sich gezogen, inklusive der Androhung von Vergeltung“, schrieb Analystin Sheila Kahyaoglu von der US-Bank Jefferies. Stratege Jim Reid von der Deutschen Bank warnte: „Man kann sich auf Reaktionen Chinas gefasst machen, die Märkte dürften nervös sein“.
Quartalsbericht im Fokus
Bei den Einzelwerten bewegen nach wie vor die Quartalsberichte die Kurse. hier glänzte BP mit dem besten Ergebnis seit 14 Jahren und überzeugte Anleger mit hochgeschraubter Dividende und Aktienrückkäufen. Die Titel des britischen Ölkonzerns zogen in London um bis zu 4,8% an, nachdem sich der Gewinn im zweiten Quartal auf 8,5 Mrd. Dollar verdreifacht hat und damit weit über den Erwartungen lag. Wie bei den Rivalen füllen gestiegene Ölpreise und hohe Raffineriemargen dem Unternehmen die Kassen.
Trotz einer höheren Umsatzprognose von Symrise für dieses Jahr verloren die Aktien des Herstellers von Duft- und Aromastoffen 0,9%. Analyst Andreas von Arx von der Baader Bank merkte an, dass der operative Barmittelzufluss hinter den Erwartungen zurückgeblieben sei. Insgesamt lobte er aber die Quartalszahlen des Konzerns.
Nicht gefragt waren Aktien, die stark vom privaten Konsum abhängen. So führten Zalando, Puma und Hellofresh die Verlierer im Dax an, mit Abschlägen von 2,7 bis 4,7%. Auch Adidas zeigten Kursschwäche.
Siemens Energy büßten 2,2% ein, nachdem die Windkrafttochter Siemens Gamesa erneut die Ergebnisprognose gesenkt hatte.
K+S verteuerten sich dagegen um 3,7%, hier rechnet die Baader Bank mit guten Quartalszahlen des Düngemittelproduzenten in der kommenden Woche. Die Papiere von Delivery Hero profitierten mit einem Aufschlag von 1,8 Prozent von einer Kaufempfehlung von JPMorgan.
Die Anteile des Anlagenbauers Krones stiegen nach optimistischen Aussagen zur Profitabilität um 1,5%. Das Bankhaus Metzler riet hier zum Kauf. Die Aktien des Maschinenbauers Pfeiffer Vacuum büßten hingegen 5,7% ein. Nach den Zahlen zum zweiten Quartal rechnet Analyst Armin Kremser von der DZ Bank mit einem schwierigen zweiten Halbjahr.
Credit Suisse herabgestuft
Auch die Aktie der Finanzdienstleister standen unter Druck. Credit Suisse büßten fast 6% ein. Die Ratingagentur Moody‘s hatte die Großbank herabgestuft und den Ausblick auf „negativ“ bestätigt. Die Herabstufung spiegle die Herausforderungen, denen sich die Gruppe bei der Umsetzung der angekündigten Neupositionierung ihrer Investmentbank in einem schwierigeren makroökonomischen und Marktumfeld gegenübersehe, wider, erklärte Moody‘s. Auch Standard & Poor‘s versah das CS-Rating mit einem negativen Ausblick.