Porsche-Börsengang soll VW Transformation erleichtern
Volkswagen hat den Startschuss für den Börsengang der Sportwagentochter Porsche gegeben. Der Vorstand habe mit Zustimmung des Aufsichtsrats beschlossen, einen Börsengang der Vorzugsaktien der Porsche AG und deren Notierung an der Frankfurter Börse anzustreben, teilte der Autobauer am späten Montagabend nach mehrstündigen Beratungen mit. Als Zeitpunkt für die Aktienplatzierung nannte Volkswagen Ende September/Anfang Oktober, stellte dies jedoch unter den Vorbehalt der weiteren Entwicklung am Kapitalmarkt. Notfalls wolle man sich bis zum Ende des Jahres Zeit lassen.
Damit stellt Volkswagen trotz der Turbulenzen an den Finanzmärkten die Weichen für einen der größten Börsengänge der vergangenen Jahre in Europa. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte bereits im Vorfeld unter Berufung auf einen Insider über die anstehende Entscheidung des Aufsichtsrats berichtet. Nun kann VW bei Investoren für den Kauf der Aktien werben. Bis zu 25% der stimmrechtslosen Vorzugsaktien – das sind 12,5% des Grundkapitals – der Porsche AG sollen in den nächsten Wochen am Aktienmarkt platziert werden.
Der Großaktionär des Wolfsburger Autokonzerns, die Familienholding Porsche SE, will zugleich 25% plus eine Aktie der stimmberechtigen Stammaktien an der Ertragsperle Porsche AG erwerben. Dafür soll die Porsche SE 7,5% mehr zahlen als den Ausgabepreis der Vorzugsaktien. Je billiger diese verkauft werden, desto weniger müssten damit die Eignerfamilien Porsche und Piech finanzieren. Mit der Transaktion bekämen sie wieder direkten Zugriff auf die Porsche AG, den sie nach der Übernahmeschlacht vor zehn Jahren an Volkswagen verloren hatten. Volkswagen würde nach dem Börsengang 75% minus eine Aktie am Gesamtkapital der Porsche AG halten.
Sonderdividende geplant
Im Fall eines erfolgreichen Börsengangs will Volkswagen die Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung im Dezember einladen, um über eine Sonderdividende in Höhe von 49% der Gesamterlöse aus der Platzierung der Vorzugsaktien und dem Verkauf der Stammaktien an die Aktionäre abzustimmen. Die Sonderausschüttung solle voraussichtlich Anfang kommenden Jahres fließen.
Einnahmen für Investitionen
Volkswagen-Finanzchef Arno Antlitz rechnet mit einem Erfolg des Börsengangs von Porsche. „Wir glauben, dass der Markt an solchen Assets auch zum derzeitigen Zeitpunkt unverändert großes Interesse hat“, sagte Antlitz am Dienstag bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Zur möglichen Bewertung der Sportwagentochter des Wolfsburger Autokonzerns wollte sich Antlitz nicht äußern. Diese hänge von der Qualität des Unternehmens und den Marktgegebenheiten zum Zeitpunkt des Börsengangs ab. Porsche sei ein Unternehmen mit einem sehr robusten und hochprofitablen Geschäftsmodell.
Mit den erhofften Einnahmen aus der Platzierung von Vorzugsaktien will Volkswagen seine Transformation zu einem führenden Anbieter von E-Autos, Digitalisierung und vernetzten Diensten finanzieren. „Insbesondere unsere Batteriestrategie bedarf erheblicher finanzieller Mittel“, erklärte Antlitz. Dabei sei Volkswagen auch auf Partner angewiesen: „Wir haben immer gesagt, dass wir diesen Hochlauf nicht alleine finanzieren wollen, sondern dass wir strategische Partner suchen, das können auch finanzielle Partner sein.“ Einen späteren Börsengang der Batterieaktivitäten schloss Antlitz nicht aus. „Der Börsengang der Porsche AG gäbe der Transformation von Volkswagen spürbaren Rückenwind“, erklärte Finanzchef Arno Antlitz.
Emirat Katar geht mit
Ob der milliardenschwere Börsengang am Ende gelingt, hängt davon ab, ob und zu welchem Preis die Investoren bereit sind, Porsche-Aktien zu kaufen. Kritiker warnen Volkswagen vor einem Börsengang in unsicheren Zeiten. Anleger halten ihr Geld dann oft zusammen. Allerdings hat Volkswagen bereits Vereinbarungen mit großen Investoren getroffen haben, um die Platzierung abzusichern. Das mit 10,5% am Kapital von Volkswagen beteiligte Emirat Katar habe starkes Interesse bekundet, sich mit knapp 5% am Vorzugskapital zu beteiligen, teilte der Konzern mit. Neben institutionellen Investoren sei geplant, die Vorzugsaktien auch Privatanlegern in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Italien und Spanien anzubieten. Laut Finanzkreisen peilen VW und Porsche eine Bewertung von 60 bis 80 Mrd. Euro an; der Verkauf der Vorzugsaktien würde damit 7,5 bis 10 Milliarden einbringen.
Analysten zweifeln am Sinn
Analysten hatten im Vorfeld Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Börsengangs in einem derart unsicheren Marktumfeld geäußert. Auch die Doppelrolle von Volkswagen-Chef Oliver Blume, der Porsche auch nach der Aktiennotierung in Personalunion weiter führen soll, gibt für viele Anlass für Fragen.
Kritiker haben Volkswagen ohnehin schon länger wegen der Regeln für gute Unternehmensführung im Blick. Der Wolfsburger Autobauer und sein Hauptaktionär Porsche SE sind personell eng verflochten. „Die Familie Porsche/Piech kontrolliert VW und VW verkauft einen wichtigen Vermögenswert an die PAH (Porsche Automobil Holding SE), die von derselben Familie kontrolliert wird“, schrieb Daniel Schwarz von der Investmentbank Stifel. Er kritisierte auch den Zeitablauf. Der Plan für den Börsengang sei am selben Tag bekannt gegeben worden, als Russland in die Ukraine einmarschierte. Und die Absicht zur Aktienplatzierung von Porsche komme genau an dem Tag, als Russland seine Gaslieferungen an Deutschland einstelle. „VW sollte an seinem Timing arbeiten“, sagte Schwarz.