Viele Übernahmeangebote

Konsolidierung in Italiens Finanzwelt nimmt Tempo auf

Italiens Finanzlandschaft befindet sich in einer neuen Konsolidierungsphase. Derzeit gibt es gleich mehrere Übernahmeangebote. Auch Industrielle mischen dabei mit.

Konsolidierung in Italiens Finanzwelt nimmt Tempo auf

Bereinigung in Italiens Finanzlandschaft

Viele Übernahmeangebote – Auch Industrielle mischen mit

bl Mailand

Italiens Finanzwelt erlebt derzeit (schon wieder) eine in Europa beispiellose Konsolidierungswelle. Dabei mischen nicht nur Banken und Versicherungen, sondern auch Industrielle wie der Bau-Unternehmer Francesco Caltagirone und die Holding Delfin der Erben des früheren EssilorLuxottica-Großaktionärs Leonardo Del Vecchio kräftig mit.

Generali schließt Bündnis mit Natixis

Die Versicherung Generali hat gerade ein Bündnis mit der französischen BPCE-Tochter Natixis bekanntgegeben. Dadurch würde mit einem Vermögen von fast 2 Bill. Euro der weltweit neuntgrößte Vermögensverwalter entstehen. Noch ist das Vorhaben aber nicht in trockenen Tüchern: Die Generali-Aktionäre Caltagirone (6,2%) und Delfin (19,7%) haben Vorbehalte.

Italiens zweitgrößte Bank Unicredit hat unabhängig von ihrer Offerte für die Commerzbank auch ein Übernahmeangebot über 10 Mrd. Euro für die drittgrößte Bank des Landes, BPM, vorgelegt. Die Offerte, die nach Ansicht von Analysten aufgestockt werden dürfte, ist nach Ansicht von Unicredit-CEO Andrea Orcel nur ein „Ausgangspunkt“. Für eine Erhöhung des Angebots sei es aber noch zu früh. Im Erfolgsfall würde Unicredit mit einer Bilanzsumme von 999 Mrd. Euro die Intesa Sanpaolo (949 Mrd. Euro) von Platz Eins in Italien verdrängen und in Teilen der wirtschaftsstarken Regionen Lombardei und Venezien ebenfalls führend werden.

Auch Franzosen dabei

Zu den Unwägbarkeiten gehört, dass auch der Crédit Agricole mitmischt. Die Franzosen haben ihre Beteiligung an der BPM von 9,8% auf 15,1% aufgestockt. Eine Verständigung mit Unicredit erscheint nicht ausgeschlossen: Der Crédit Agricole würde gern die für ihn höchst attraktive und 2027 auslaufende Partnerschaft in der Vermögensverwaltung seiner Tochter Azimut mit Unicredit verlängern. Unicredit hat sich bisher diesbezüglich zurückgehalten. Die HVB-Mutter verfügt in weniger als fünf Jahren über eine Call-Option auf 80% der Anteile der Asset-Management-Kooperation mit dem Vermögensverwalter Azimut.

Die BPM hatte schon vor der Übernahmeofferte von Unicredit dem Vermögensverwalter Anima ein Angebot über 1,6 Mrd. Euro vorgelegt. BPM-CEO Giuseppe Castagna will bei der Vorstellung seines neuen Strategieplans am 11. Februar erläutern, welch zentrale Rolle Anima dabei spielen soll.

Oft im Einklang

Die BPM hat außerdem einen Anteil von 5% an der teilstaatlichen Bank Monte dei Paschi di Siena erworben. Die italienische Regierung hofft auf eine dritte große Bankengruppe im Land um BPM und Monte dei Paschi und könnte eine BPM-Übernahme durch Unicredit durch eine Golden-Power-Regelung verhindern. Ob es dazu kommt ist unklar. Es erscheint aber eher unwahrscheinlich.

Eine wichtige Rolle in Italiens Bankenlandschaft spielen Caltagirone sowie die Holding Delfin, die von EssilorLuxottica-CEO Francesco Milleri geleitet wird. Beide handeln oft im Einklang miteinander und haben nicht nur finanzielle Interessen. Delfin hat die Beteiligung an Monte dei Paschi kürzlich auf 9,8% erhöht und ist auch an Unicredit (2,7%), Generali (9,9%) und der Investmentbank Mediobanca (19,7%) beteiligt. Caltagirone hat die Beteiligung an Anima, für die die BPM eine Offerte vorgelegt hat, auf 5,3% erhöht und hält Beteiligungen an Generali (6,2%), Monte dei Paschi (5%) und an Mediobanca (10%).

Verwundbare kleinere Banken

Die Konsolidierung in Italiens Finanzlandschaft geht weiter. Viele Bankenexperten sehen gerade in der auch auf politischen Druck hin erfolgten Konsolidierung der vergangenen Jahre einen Grund für die heutige Stärke des italienischen Finanzsystems. Auch Banca Ifis hat gerade eine Offerte über 300 Mill. Euro für die Digitalbank Illimity vorgelegt. Banca Sella, mit 10% größter Illimity-Aktionär, zeigte sich diesbezüglich zuletzt gesprächsbereit.

Viele kleinere Banken könnten in den nächsten Jahren verschwinden, glaubt Stefano Caselli, Dekan der renommierten SDA Bocconi School of Management. Nach Zahlen der Banca d`Italia sind sie in der Regel weniger ertragsstark, zu einseitig auf bestimmte Sektoren ausgerichtet und verwundbar. Dabei hat Italiens Bankenlandschaft seit der Finanzkrise schon eine beispiellose Bereinigung erlebt, in deren Verlauf fast alle Sparkassen und Volksbanken verschwanden und die Genossenschaftsbanken in drei großen Gruppen zusammengeführt wurden. Die Zahl selbständiger Institute schmolz von 500 auf 100 zusammen.

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