US-Regulatoren garantieren Bankeinlagen
Von Alex Wehnert, New York
US-Regulatoren ringen darum, eine neue US-Bankenkrise zu verhindern. In einem gemeinsamen Statement garantierten das US-Finanzministerium, die Federal Reserve und der staatliche Einlagensicherungsfonds FDIC am Sonntag die Einlagen der kollabierten Finanzinstitute Silicon Valley Bank (SVB Financial) und Signature Bank.
Die Behörden erklärten beide Banken in diesem Zusammenhang für systemrelevant. Dies gewährt den Regulatoren auch die Möglichkeit zur Rückzahlung unbesicherter Einlagen. Steuerzahler würden keine Kosten respektive Verluste aus den Zusammenbrüchen von Silicon Valley Bank und Signature Bank tragen, betonten Treasury, Fed und FDIC. Die Maßnahmen bedeuteten ausdrücklich keine staatliche Rettung der betroffenen Geldhäuser. Aktionäre und Anleihegläubiger beider Institute genießen damit keinen ausdrücklichen Schutz. Bail-outs unter Verwendung von Steuergeld gelten als politisch inopportun.
Unterdessen kündigten das Finanzministerium und die Notenbank unabhängig voneinander Notfallprogramme an, um Abhebungsanfragen von Bankkunden nachkommen zu können. Somit wollen sie weitere Bank Runs verhindern. Im Rahmen des neuen „Bank Term Funding Program“ der Fed sollen sich Geldhäuser, die Treasuries, hypothekenbesicherte Wertpapiere oder andere Sicherheiten hinterlegen, Kredite mit Laufzeit von bis zu einem Jahr sichern können.
Geldpolitische Konsequenz
„Wir erwarten, dass diese Maßnahmen substanzielle Liquidität für Banken mit Einlagenabflüssen bereitstellen und das Vertrauen unter Bankkunden verbessern werden“, kommentieren die Analysten von Goldman Sachs. Angesichts des Stresses im Bankensystem sei nun nicht mehr mit einer Zinsanhebung im Rahmen der Fed-Sitzung am 22. März zu rechnen. Auch für den geldpolitischen Pfad darüber hinaus bestehe bedeutende Unsicherheit, so die Analysten.
Die Marktstrategen der Deutschen Bank schlagen in die gleiche Kerbe. Das „Bank Term Funding Program“ stelle gar eine Form der quantitativen Lockerung dar. Die Stärke und Geschwindigkeit der Fed-Zinserhöhungen werde nun abnehmen. Für den Dollar werde diese Entwicklung langfristig negative Folgen haben.
Der gegen einen Korb aus sechs Industrieländerwährungen gewichtete Dollar-Index setzte am Montag bis zum frühen Abend um 0,8% zurück, auch die Aktien der Finanzbranche standen trotz der regulatorischen Maßnahmen erheblich unter Druck – so brach der KBW Bank Index zeitweise um nahezu 10% ein. Investoren befürchten Ansteckungseffekte auch auf größere Kreditinstitute, schließlich stellte der seit Sonntag offizielle Kollaps von Signature Bank den dritten Zusammenbruch eines Instituts binnen einer Woche dar. Das Geldhaus hatte sich stark auf Finanzdienstleistungen für die Kryptobranche konzentriert.
Am Freitag hatte die FDIC mit Verweis auf mangelnde Liquidität und Zahlungsfähigkeit bereits die Assets der Silicon Valley Bank in Zwangsverwaltung genommen. Damit stand der schwerste Kollaps einer US-Bank seit der Finanzkrise 2008 fest. Das auf die Start-up-Finanzierung spezialisierte Institut geriet in einem Umfeld steigender Zinsen in Bedrängnis. Der resultierende Einlagenschwund zwang SVB Financial zu Assetverkäufen. So verbuchte der Lender einen Nachsteuerverlust von 1,8 Mrd. Dollar aus der Veräußerung von Treasuries und anderen US-Regierungsanleihen. Eine in Reaktion auf die Verluste geplante Kapitalerhöhung zerschlug sich schnell.
Zuvor hatte die kalifornische Kryptobank Silvergate Capital bereits mit der Ankündigung, sie werde den Betrieb einstellen, für Verunsicherung gesorgt. Die Crashs haben die nicht realisierten Verluste in den Wertpapierportfolios der US-Geldhäuser verstärkt in den Fokus gerückt. Im Schlussquartal 2022 summierten sich die Verluste aus Wertpapieren, die zum Verkauf zur Verfügung standen oder bis zur Fälligkeit gehalten werden sollten, auf dem Papier auf 620 Mrd. Dollar. Der Wert fiel damit wesentlich höher aus als selbst nach der Finanzkrise 2008.
Die Wertverluste der Kreditportfolios sind für die Banken nicht problematisch, sofern sie betroffene Bonds bis zur Fälligkeit halten können. Sind sie aber aufgrund eines steigenden Liquiditätsbedarfs zu Verkäufen gezwungen, müssen sie Einbußen daraus in ihren Finanzberichten ausweisen. Daraus kann sich schnell ein Teufelskreis entwickeln, da die Verluste Kunden alarmieren und so weitere Mittelabzüge zur Folge haben.
Allerdings sind die US-Großbanken breiter aufgestellt als SVB, die sich auf Einlagen aus bestimmten Branchen fokussiert hatte. Zudem gestaltet sich die Struktur ihrer Verbindlichkeiten unterschiedlich: Bei SVB waren Ende des vergangenen Jahres 89% auf Einlagen zurückzuführen, bei Bank of America waren es 69%. Daher ist ein Schwund für große Anbieter eher verkraftbar.
First Republic unter Druck
Mit J.P. Morgan sprang eine Großbank bereits für ein Kundeninstitut ein. Sie stellte der First Republic Bank, die zudem Unterstützung vonseiten der Fed und der staatlich geförderten Federal Home Loan Banks erhält, Mittel bereit. Damit hat First Republic eigenen Angaben zufolge neue Liquiditätsreserven von 70 Mrd. Dollar zur Verfügung, das neue Notfallprogramm der Fed sei dabei noch gar nicht berücksichtigt. Die Investoren beruhigte dies zunächst nicht: Die Aktie der vor allem auf vermögende Kunden ausgerichteten Privatbank brach nach Eröffnung an der Wall Street am Montag um bis zu 67% ein, bevor sie vom Handel ausgesetzt wurde.