JSA24Aktienmärkte

Zwischen Unsicherheiten und Allzeithochs

Die Aktienmärkte haben zwei starke Jahre hinter sich. Einiges spricht dafür, dass die Hausse 2025 weitergeht. Doch es gibt auch Warnzeichen.

Zwischen Unsicherheiten und Allzeithochs

Zwischen Unsicherheiten und Allzeithochs

Aktienmärkte weltweit prosperierten zuletzt. Die Wahl von Donald Trump verspricht Friktionen. KI, Energie und Healthcare bleiben vielversprechend.

Von Tobias Möllers, Frankfurt

Das Jahr 2024 war für Aktionäre ein ziemlich gutes. Fast 19% ist der deutsche Leitindex in diesem Kalenderjahr gestiegen (Stand 23.12.2024). Das ist kaum weniger als in dem ebenfalls schon guten Jahr 2023. Und die Aussichten für weitere Kurssteigerungen sind an sich so schlecht nicht: Die Inflation ist für die Aktienmärkte in Europa kein großes Thema mehr, auch in den USA geht sie signifikant zurück. Die Leitzinsen dies- wie jenseits des Atlantiks sinken und dürften dies auch im kommenden Jahr weiter tun. Die Unternehmensgewinne sind im Jahr 2024 auf breiter Front weiter gestiegen. Ein wesentlicher Markttreiber waren die USA und hier besonders Big Tech und solche Aktien, die mit KI assoziiert werden. Auch dies dürfte so weitergehen. Die Entwicklung beim Thema KI steht erst ganz am Anfang und doch deutet sich bereits an, dass sich die exorbitanten Investitionen in diesem Bereich rechnen werden. Zudem stehen im kommenden Jahr weniger Wahlen an, was für die Aktienmärkte weniger Unruhe bedeutet.

Trump wird Märkte durchrütteln

Unruhe und Unsicherheiten sind so ziemlich das Letzte, was Aktienmärkte mögen. Und damit sind wir dann auch schon bei den Gründen, die zumindest Zweifel daran wecken, ob die Aktienmärkte im Jahr 2025 noch einmal so stark performen können wie zuletzt. Mit Unsicherheiten verbunden ist besonders eine Personalie: Ab dem 20. Januar wird (erneut) Donald Trump die USA regieren. Wie sich Trumps Pläne auf die US-Wirtschaft auswirken, ist unklar. Welche seiner Maßnahmen eher inflationär wirken, welche eher deflationär, darüber sind Experten noch uneins. Natürlich mögen die Märkte Steuersenkungen und auch Entbürokratisierungspläne kommen gut an. Beim Thema Zölle wird es schon schwieriger. Diese könnten China, aber auch eigentlich enge Handelspartner wie Europa belasten. Gegenzölle wiederum könnten auch die Stimmung in der amerikanischen Wirtschaft drücken und die Inflation erneut anheizen. So oder so, Donald Trump dürfte die Märkte durchrütteln. Tendenziell wird das für US-Aktien positiv ausgehen, für europäische Unternehmen ist die Aussicht dagegen mindestens ambivalent. „Aus unserer Sicht bleiben die grundlegenden makroökonomischen Rahmenbedingungen trotz der Marktunsicherheiten im Zusammenhang mit Trumps ambitionierten politischen Plänen vorteilhaft für Aktien und Anleihen“, gibt Chris Iggo, CIO Core Investments bei Axa Investment Managers trotzdem ein Stück weit Entwarnung.

Geopolitische Herausforderungen bestehen weiter

Neben dem nicht nur für die Aktienmärkte schwer kalkulierbaren Trump bleiben die geopolitischen Herausforderungen bestehen: In der Ukraine ist noch immer kein Frieden in Sicht, auch das ewige Pulverfass Nahost brodelt weiter. Zuletzt fiel der syrische Diktator Baschar al-Assad. Ob dies nun ein bisschen Frieden, oder neuen Bürgerkrieg und noch mehr Flüchtlinge bedeutet, muss vorerst offen bleiben. Ein Sorgenkind bleibt auch China. Weniger wegen akut drohender Invasionspläne für Taiwan, Anleger und Experten sorgt aber die weiter schwächelnde Wirtschaft der einstigen Weltwachstumslokomotive. Indien war zuletzt ein Lichtblick bei den Emerging Markets, aber immer mehr Analysten mahnen, dass der dortige Aktienmarkt inzwischen ganz schön teuer geworden ist. Hoch bewertet ist nach den vergangen beiden Jahren allerdings auch der US-Aktienmarkt und hier sind sich Experten weit weniger einig, wie lange die Hausse an der Börse noch weiterlaufen kann. Der deutsche Dax ist zwar im direkten Vergleich deutlich günstiger, doch eine Korrektur käme auch hier wenig überraschend.

Siemens Energy überragt alle

Neben diesen vielen Unsicherheiten gibt es aber auch ein paar Gewissheiten, mit denen die Märkte ins neue Jahr starten. So halten viele Geldhäuser es für sicher, dass die EZB die Leitzinsen im kommenden Jahr häufiger und schneller als die Fed senken wird. Gründe dafür sind die schneller sinkende Inflation, aber auch die schwächelnde Konjunktur nicht zuletzt in Deutschland. Fachkräftemangel und Bürokratie tun ihr Übriges dazu, um die hiesige Wirtschaft gegenüber den USA deutlich ins Hintertreffen geraten zu lassen.

Blickt man auf Einzeltitel und Branchen, so sticht der überragende Erfolg von Siemens Energy ins Auge. Seit Jahresbeginn hat der Konzern seinen Börsenwert mehr als vervierfacht und so die mit Abstand stärkste Entwicklung im deutschen Leitindex hingelegt. Nach dem Horrorjahr 2023 gleicht das fast einem Wunder. Eine derart starke Entwicklung der Energietechniker hatten wohl nur die wenigsten Analysten auf der Rechnung. Eine derartige Performance auch im kommenden Jahr zu erwarten, wäre vermessen, doch der Sektor Energie und Versorger dürfte auch 2025 gefragt bleiben. Allein schon der wachsende Energiehunger von KI-Anwendungen dürfte hier für nicht so schnell endenden Rückenwind sorgen. Auch die Transformation in Richtung erneuerbare Energien dürfte sich – trotz Trump – fortsetzen. „Wir erwarten, dass der Bedarf an erneuerbaren Energien weiter zunimmt, da der Stromverbrauch kontinuierlich steigt – sowohl als Beitrag zum Klimaschutz als auch aufgrund des wachsenden Wunsches nach mehr Energieunabhängigkeit, stabileren Preisen und geringeren Kosten“, erklärt Axa-Mann Iggo.

Autobranche in der Krise

Deutlich schwieriger ist die Lage in der Autobranche, die gerade für Deutschland eine Schlüsselindustrie ist. Im Jahr 2024 enttäuschten die Konzerne gleich reihenweise mit schwachen Zahlen und nicht minder bescheidenen Aussichten. Dafür verantwortlich ist ein ganzes Potpourri an Gründen. Die Transformation in Richtung E-Autos gestaltet sich schwierig, wurde von manchen Unternehmen aber auch erst spät angegangen. Zudem sind die Preise nicht so, dass die Verbraucher begierig zugreifen. Hinzu kommt die starke Konkurrenz aus China, die nicht nur preislich, sondern im E-Auto-Bereich auch technisch inzwischen mithalten kann. Darüber hinaus setzen chinesische Subventionen und Überproduktion den europäischen und hier besonders den deutschen Autobauern zu. Da wundert es nicht, dass sich unter den größten Verlierern des Jahres im Dax fast sämtliche Autohersteller tummeln. Und die Aussichten bleiben trübe. Merck-Finck-Stratege Marc Decker bleibt daher skeptisch für Auto-Titel: „Ich würde da noch nicht reinfassen. Das ist für mich wie ein fallendes Messer.“ Schwierig bleibt die Lage auch für Chemie-Werte, die durch die hohen Energiepreise aktuell kaum noch konkurrenzfähig sind. Daneben stehen einstige Industrieschwergewichte wie Thyssenkrupp und Bayer vor einer umfassenden Transformation mit ungewissem Ausgang.

Besser sind die Aussichten im nächsten Jahr nach der Einschätzung vieler Analysten für die Pharmabranche, auch wenn der Rekordlauf der beiden Abnehmprodukte-Gewinner Eli Lilly und Novo Nordisk vorerst vorbei zu sein scheint. Eines ist sicher: Attraktive Investitionsmöglichkeiten werden die Aktienmärkte auch im kommenden Jahr bieten, wo die größten Chancen in der schönen neuen Wirtschaftswelt liegen, muss sich aber erst noch abzeichnen.


Hier finden Sie alle Artikel der Jahresschlussausgabe 2024.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.