Fed bleibt auf Kurs
det Washington
Die US-Notenbank hat den Leitzins am Mittwoch mit einem erneut großen Schritt um 75 Basispunkte auf den höchsten Stand seit 2008 geschraubt. Derweil lässt der Fed-Vorsitzende Jerome Powell keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Serie von Straffungen noch längst nicht beendet ist. Auch hat er bekräftigt, dass die US-Währungshüter sich des damit verbundenen Risikos einer Rezession durchaus bewusst sind, aber auch bereit sind, dieses in Kauf zu nehmen. Eine so schwierige Gratwanderung hatte zuletzt Paul Volcker zu meistern, der vor 40 Jahren ebenfalls mit steigenden Preisen und einer schwachen Wirtschaft zu kämpfen hatte.
Fünfmal in Folge hat der Offenmarktausschuss (FOMC) den Zielkorridor für die Federal Funds Rate erhöht. Dieser liegt nun bei 3,0 bis 3,25%. Dreimal hintereinander beschloss die US-Notenbank aggressive Schritte um jeweils 75 Basispunkte und wird auch unverändert an dem im Mai verkündeten Bilanzabbau festhalten, durch den das Portfolio um monatlich 95 Mrd. Dollar abschmelzen soll.
Gleichzeitig sendete der oberste US-Währungshüter Powell das klare Signal, dass die Arbeit der Fed längst noch nicht getan sei. „Bei den Zinserhöhungen ist es noch ein langer Weg, den wir zu beschreiten haben“, lautete am Mittwoch seine entschlossene Kampfansage an die höchste Teuerungsrate seit den frühen achtziger Jahren.
Powell und das FOMC stehen jedenfalls vor einer schwierigen Gratwanderung. Die Verbraucherpreise stiegen im August an der Jahresrate gemessen um 8,3% und übertrafen deutlich die Markterwartungen. Auch liegt die Kernrate des PCE-Preisindex mit derzeit 6,3% deutlich oberhalb jenes Inflationsziels von 2%, das die Fed laut Powell „fest entschlossen ist“, wieder zu realisieren. Dieses Jahr wird die Kernrate den jüngsten Prognosen der Notenbank zufolge um 4,5% anstelle der noch im Juni prognostizierten 4,3% steigen.
So gesehen führt kein Weg an einem aggressiven Kurs vorbei, der auch von der aktualisierten Dot-Plot-Grafik unterstrichen wird. So rechnen die Währungshüter im Schnitt bis Ende dieses Jahres mit einem Leitzins von 4,4%. Das ist ein voller Prozentpunkt mehr, als noch im Juni unterstellt wurde, und würde bedeuten, dass im November und Dezember zusammen Straffungen um weitere 125 Basispunkte anstehen. Zu entnehmen ist den Voraussagen auch, dass der Zinszyklus sich im kommenden Jahr fortsetzen wird und keine Lockerungen vor 2024 zu erwarten sind.
Lohndruck nimmt zu
Die Aufgabe der Fed wird umso schwieriger, weil unklar ist, welche Wirkung die Straffungen entfalten werden. Obwohl zuletzt einige Daten auf leicht nachlassenden Inflationsdruck hindeuteten, weisen Ökonomen auf die Arbeitsmarktsituation hin. Powell betonte einerseits das robuste Stellenwachstum und die niedrige Arbeitslosenquote, die laut Fed 2022 3,8% betragen wird. Mit Blick auf die Inflationsbekämpfung stellt aber der Mangel an qualifiziertem Personal ein Problem dar. Seit mehreren Monaten sind über 11 Millionen Stellen unbesetzt geblieben. Auf jede verfügbare Arbeitskraft entfallen zwei offene Positionen. Das könnte wiederum dazu führen, dass der Lohndruck weiter zunimmt und die Inflationsrate trotz der Zinsschritte seitens der Notenbank längere Zeit auf hohem Niveau verharrt.
Unterdessen gesellen sich zu der Ungewissheit über die Effektivität der verschärften Geldpolitik auch hartnäckige Rezessionsängste. So ist der Nationalökonom Frederic Mishkin, der früher im Fed-Vorstand saß, überzeugt, „dass eine weiche Landung unwahrscheinlich ist“. Auszugehen sei vielmehr von einem relativ tiefen Konjunktureinbruch, nicht zuletzt als Folge der Zinserhöhungen und ihrer dämpfenden Effekte auf das Wachstum.
Das scheint auch die Fed zu ahnen, die ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr kräftig nach unten korrigierte, nämlich von 1,7 auf 0,2%, und auch die Werte für die kommenden zwei Jahre revidierte. Sollte die Wirtschaft in eine Rezession abgleiten, würde wiederum der Druck auf Powell zunehmen, ein weiteres Mal das Ruder herumzureißen und den Geldhahn wieder aufzudrehen. Diesem Druck hatte seinerzeit Volcker nachgegeben, und das wiederum führte zum nächsten, sprunghaften Anstieg der Inflation.