Drama um DeepSeek

Big Tech schleppt sich durch den ersten KI-Kater

Apple enttäuscht mit einem schwachen Absatztrend beim iPhone. Damit reiht sich der Konzern in eine Berichtssaison der Tech-Riesen ein, die vom Drama um das chinesische KI-Startup DeepSeek überschattet wird.

Big Tech schleppt sich durch den ersten KI-Kater

Big Tech schleppt sich durch den ersten KI-Kater

xaw New York

Amerikas Technologieriesen kämpfen nach dem panischen Abverkauf zu Beginn der alten Börsenwoche mit Entzugserscheinungen des KI-Rauschs – und liefern Investoren im Rahmen der Berichtssaison wenig Stoff für neue Euphorie. So hat am Donnerstag nach Microsoft auch Apple gedämpfte Stimmung für ihr Kerngeschäft verbreitet. Der Konzern aus dem kalifornischen Cupertino vermeldete für das aufgrund des Weihnachtsgeschäfts besonders wichtige abgelaufene Quartal iPhone-Erlöse von 69,14 Mrd. Dollar, dies bedeutete einen Rückgang von 0,8% zum Vorjahr.

Neuer Wachstumszyklus lässt auf sich warten

Damit blieb Apple hinter den an der Wall Street herumgereichten Konsensprognosen von 70,7 Mrd. Dollar zurück und machte deutlich, dass ein neuer Wachstumszyklus durch neue, auf künstlicher Intelligenz basierende Funktionen für ihre Geräte noch auf sich warten lassen dürfte. Die konzernweiten Erlöse legten gegenüber dem Vorjahr um 4% auf 124,3 Mrd. Dollar und damit im Rahmen der Erwartungen zu, während der Gewinnzuwachs um 7,1% auf 36,33 Mrd. Dollar sogar die Analystenschätzungen übertraf. Doch Sorgen um die anhaltende Absatzschwäche des iPhone als wichtigstem Produkt der Kalifornier treiben die Anleger um.

Apple Store in Schanghai: In China wächst der Konkurrenzdruck auf den US-Tech-Riesen. Foto: picture alliance / CFOTO | CFOTO.

Insbesondere die Verkäufe im Reich der Mitte schwächeln anhaltend. Die Erlöse von Apple in der Großregion China – zu er auch Hongkong, Macau und Taiwan zählen – sackten im Ende Dezember abgeschlossenen ersten Geschäftsquartal 2025 um 11,1% auf 18,51 Mrd. Dollar ab, Analysten hatten mit einem Zuwachs auf 21,6 Mrd. Dollar gerechnet. Denn der US-Technologieriese ringt in seinem zweitwichtigsten Markt mit deutlich verschärfter lokaler Konkurrenz.

Druck durch Huawei nimmt zu

So haben die dort ansässigen Wettbewerber Xiaomi, Vivo und Huawei in der Volksrepublik zuletzt rapide Marktanteile gewonnen. Das iPhone kam im abgelaufenen Quartal laut der Research-Firma IDC zwar noch auf 17,4% der Smartphone-Verkäufe in China, gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet dies allerdings einen Verlust von 2,6 Prozentpunkten. Die genannten Lokalmatadoren erzielen inzwischen Anteile zwischen 16 und 17,2%, und gerade der Druck durch Huawei wächst bedeutend. Der seit 2019 mit US-Sanktionen belegte Konzern aus Shenzhen stellte im September 2023 das Mate 60 Pro vor, das zu ultraschneller Datenkonnektivität in der Lage ist. Zudem verhängte die Regierung in Peking einen Bann verhängt, gemäß dem Beamte keine iPhones mehr im Arbeitsumfeld nutzen dürfen. Auch dies trieb Huawei Kunden zu.

Der Handelskonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China droht sich nach der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus noch zuzuspitzen und damit Auswirkungen auf den Smartphone-Markt zu haben. Die angepeilten US-Strafzölle von 10% auf Einfuhren aus der Volksrepublik, die schon am Samstag in Kraft treten könnten, drohen insbesondere Apple hart zu treffen. Schließlich baut der iPhone-Konzern immer noch den Großteil seiner Produkte in China zusammen.

Cook will Draht zu Trump nutzen

In Trumps erster Amtszeit war Apple auch dank des guten Drahts von CEO Tim Cook zum Präsidenten von Strafzöllen ausgenommen. Beobachter gehen davon aus, dass der Vorstandschef wieder an einem ähnlichen Deal arbeitet. So reiste Cook in der vergangenen Woche wie mehrere weitere Tech-Köpfe zur Amtseinführung Trumps nach Washington und spendete für diese wie OpenAI-Chef Sam Altman sogar 1 Mill. Dollar aus eigener Tasche, während andere Unternehmenslenker ihre Firmenbudgets anzapften, um sich mit dem neuen Präsidenten gut zu stellen.

Apple-Chef Tim Cook bei Donald Trumps Amtseinführung. Foto: picture alliance / abaca | Pool/ABACA.

Unterdessen sorgt die angespannte US-Beziehung zu Peking nicht nur wegen der Zollproblematik für Unruhe bei Big Tech. Zu Beginn der alten Börsenwoche weckte das chinesische Startup DeepSeek Zweifel an der Vormachtstellung der amerikanischen Branchenriesen bei künstlicher Intelligenz und löste damit einen Kursrutsch an den globalen Aktienmärkten aus.

DeepSeek arbeitet zum Bruchteil der Kosten von Anthropic

Das Unternehmen hatte seinen GPT-4-Rivalen „R1“ erst zu Jahresbeginn lanciert, seine Performance kann laut Mitteilung von DeepSeek allerdings bereits mit jener führender Modelle von OpenAI mithalten – und das, obwohl den Chinesen aufgrund von US-Ausfuhrkontrollen weitaus weniger fortschrittliche Chips zur Verfügung stehen und sie angeblich einen Bruchteil der Mittel investiert haben, die US-Konkurrenten in ihre Anwendungen gesteckt haben. Angeblich kostete das Training von „R1“ lediglich 5,6 Mill. Dollar. Dario Amodei, Chef der KI-Schmiede und Amazon-Kooperationspartnerin Anthropic, hatte für die die jüngsten Versionen seiner Modelle im vergangenen Jahr Investitionskosten von 100 Mill. bis 1 Mrd. Dollar angesetzt.

Der Aufstieg von DeepSeek sendet Schockwellen durch Amerikas Tech-Sektor. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Faisal Bashir

Insbesondere der US-Chipdesigner Nvidia, dessen Grafikprozessoren bisher als wichtigste technologische Grundlage für KI-Rechenzentren von Microsoft, Alphabet oder Amazon sowie große Sprachmodelle von OpenAI und Anthropic galten, musste nach der DeepSeek-Ankündigung eine gewaltige Wertvernichtung verkraften. Das kalifornische Unternehmen vermarktet derzeit seine neue Halbleiterplattform Blackwell – auf dieser basierende Chips weisen 2,6-mal so viele Transistoren auf wie ihre Vorgängermodelle und bieten damit eine deutlich höhere Performance.

Zunehmend komplexere Chips

Allerdings sind sie deshalb auch komplexer aufgebaut. Statt aus einem zusammenhängenden Stück Silikon bestehen sie aus zwei fortschrittlichen Prozessoren und einer Reihe an Speicherkomponenten. Die Zusammensetzung des Gemischs aus Silikon, Metall und Plastik muss vollkommen reibungslos ablaufen, der Defekt eines einzelnen Teils kann den ganzen 40.000-Dollar-Chip unbrauchbar machen und die viel beachtete Produktionsrendite schwer belasten.

Die Nachfrage nach Blackwell-Prozessoren bezeichnete Nvidia-Finanzchefin Colette Kress zuletzt als „atemberaubend“. Das Unternehmen werde kurzfristig nicht in der Lage sein, alle Kunden vollumfänglich zu beliefern. Der Erfolg von DeepSeek weckt indes Zweifel daran, dass die gewaltigen Investitionen von Cloud-Riesen und mit ihnen kooperierender KI-Startups in zunehmend leistungsfähigere Halbleiter überhaupt in dem gleichen Maß wie zuletzt notwendig sind.

Investitionsausgaben explodieren

J.P. Morgan ging im vergangenen Jahr noch davon aus, dass allein die sogenannten „Glorreichen Sieben“ um Alphabet, Microsoft, Amazon und Apple ihre Investitionsausgaben 2025 auf insgesamt 500 Mrd. Dollar ankurbeln werden. Auch Trump war rund um seinen Amtsantritt auf den KI-Hypezug aufgesprungen. So präsentierte der neue US-Präsident stolz die Rechenzentren-Partnerschaft „Stargate“, über die OpenAI, der japanische Technologieinvestor Softbank, der Datenbankriese Oracle und die von den Vereinigten Arabischen Emiraten gestützte Gesellschaft MGX über die kommenden vier Jahre ebenfalls bis zu 500 Mrd. Dollar in den Ausbau der KI-Infrastruktur in den Vereinigten Staaten wollen.

US-Präsident Donald Trump bei der Vorstellung des „Stargate“-Projekts mit Softbank-Chef Masayoshi Son, Oracle-Gründer Larry Ellison und OpenAI-Lenker Sam Altman. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Julia Demaree Nikhinson.

Die DeepSeek-Ankündigung radierte an den US-Börsen indes kurzfristig eine Marktkapitalisierung von über 1 Bill. Dollar aus. Von der Börsen-Zeitung befragte M&A-Strategen gehen davon aus, dass China den Zeitpunkt der Bekanntgabe bewusst gewählt habe, um die Vereinigten Staaten möglichst effektiv bloßzustellen. Damit habe Peking nicht nur eine Antwort auf „Stargate“ gegeben, sondern auch auf Trumps Strafzoll-Drohungen und seine Pläne für die Video-App TikTok reagiert.

Rache für Zölle und TikTok-Gesetz

Schließlich hatte Trumps Amtsvorgänger Joe Biden ein Gesetz unterzeichnet, das die chinesische Mutter Bytedance vor die Wahl zwischen einem Verkauf der Video-App oder einem US-Bann gegen die Plattform stellte. Der neue US-Präsident schob die Deadline für die Veräußerungen durch einen Exekutivbeschluss um 75 Tage hinaus. Er will die Plattform am liebsten in ein Joint Venture mit einer US-Beteiligung von 50% überführen.

Zunächst suggerierte er, dass die Vereinigten Staaten dafür nichts bezahlen sollten – dass sich Bytedance darauf einlässt, die Hälfte der Anteile an der von CFRA Research mit mindestens 40 Mrd. Dollar bewerteten Video-App einfach abzugeben, gilt allerdings als unwahrscheinlich. Inzwischen sollen andere Lösungen wie ein Staatsfonds zum Kauf von TikTok im Gespräch sein. Dass die USA die chinesische Zustimmung für einen solchen Deal aber einfach voraussetzen, dürfte Peking laut einigen Beobachtern als Affront auffassen.

OpenAI strebt neue Finanzierungsrunde an

Derweil versuchen die Vereinigten Staaten, nach dem DeepSeek-Drama mit positiven Nachrichten für den KI-Sektor gegenzuhalten. Nachdem am Mittwoch beriets Berichte kursierten, gemäß denen Softbank eine Investition von bis zu 25 Mrd. Dollar in OpenAI erwägt, drangen nun angebliche Verhandlungen über eine neue Finanzierungsrunde für den ChatGPT-Entwickler durch. Demnach wolle das Unternehmen, das DeepSeek vorwirft, für das Training ihres Chatbot OpenAI-Modelle verwendet zu haben, bis zu 40 Mrd. Dollar aufnehmen. Damit würden die Kalifornier, die noch über kein profitables Geschäftsmodell verfügen, auf eine Bewertung von 340 Mrd. Dollar kommen. bei der jüngsten Funding-Runde im Oktober sammelte OpenAI noch 6,6 Mrd. Dollar ein und erzielte eine Bewertung von 157 Mrd. Dollar. Eine Verdopplung innerhalb weniger Monate wäre laut Analysten selbst für die im Silicon Valley gängigen Standards außergewöhnlich.

OpenAI will ihre Bewertung bei einer neuen Funding-Runde angeblich mehr als verdoppeln. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Andre M. Chang.

Trotz der Bemühungen der US-Spieler, das Narrativ vom KI-Boom wieder an sich zu reißen, überschattet das DeepSeek Drama die Big-Tech-Berichtssaison bedeutend. Microsoft, die bisher 13 Mrd. Dollar in OpenAI gesteckt hat und damit größter Investor des Startups ist, trug in der laufenden Woche ebenfalls nicht dazu bei, die Stimmung bedeutend aufzuhellen. Die Erlöse der als Motor des Konzerns geltenden Cloud-Sparte Azure legten im abgelaufenen Quartal lediglich um 31% zu und blieben damit hinter dem Analystenschätzungen zurück, während die Investitionsausgaben mit 22,6 Mrd. Dollar höher ausfielen als erwartet. Auch der Wachstumsausblick von 31% bis 32%, den Finanzchefin Amy Hood für das aktuelle Jahresviertel stellte, enttäuschte die Anleger.

Unklare Perspektiven bei Meta

Ähnlich verhält es sich bei Meta Platforms, die sich von 65 Mrd. Dollar schweren Investitionen in KI-Infrastruktur langfristige strategische Vorteile erhofft, Analysten aber eine eingetrübte Erlösperspektive bietet. CEO Mark Zuckerberg betonte, die Konsequenzen des Aufstiegs von DeepSeek für die KI-Investitionen und den Bedarf an Rechenleistung seien noch nicht absehbar.

Stochert bezüglich DeepSeek im Nebel: Meta-Chef Mark Zuckerberg (Mitte). Foto: picture alliance / CNP/AdMedia | CNP/AdMedia.

Apple, die vom jüngsten Crash weitgehend verschont blieb, setzt laut dem neuen Finanzchef Kevan Parekh indes weiter darauf, dass die im vergangenen Sommer vorgestellten, unter dem Namen Apple Intelligence vermarkteten KI-Tools des Konzerns die Nachfrage nach dem iPhone 16 und noch anstehenden Nachfolgermodellen antreibt. In englischsprachigen Märkten wie den USA, Großbritannien, Kanada und Australien sei nach der Veröffentlichung der Features jedenfalls schon ein robusterer Absatztrend erkennbar. Ob dies reicht, um den Kater im Big-Tech-Set zu lindern, zweifeln Analysten aber an.

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