Guy Wagner: „Aktien weiterhin gegenüber Anleihen bevorzugen“
„Aktien weiterhin gegenüber Anleihen bevorzugen“
Guy Wagner, Chief Investment Officer der Banque de Luxembourg Investments, betont die Bedeutung der Vermögenssicherung für Investoren
wrü Frankfurt
In einem herausfordernden Umfeld mit ausufernden Staatsschulden und einer höheren Inflation wird die Vermögenssicherung immer wichtiger. Dies gelingt am besten mit Qualitätsaktien, sagt Guy Wagner, CIO der Banque de Luxembourg Investments. Bei Anleihen sollten Anleger auf inflationsgeschützte Papiere setzen.
Im Frankfurter Hof hat Guy Wagner, Chief Investment Officer (CIO) von BLI - Banque de Luxembourg Investments und Fondsmanager des globalen Mischfonds BL Global Flexible, vor der Presse einen bemerkenswerten Ausblick auf die Kapitalmärkte gegeben. „Man sollte weiterhin Aktien gegenüber Anleihen bevorzugen“, erklärte Wagner. Dabei setzt er auf Qualitätsunternehmen. Er hält aktuell keine deutschen Aktien in seinem Fonds. SAP habe er besessen, inzwischen aber verkauft. Der Softwareriese sei inzwischen auch nicht mehr billig.
Doch der Reihe nach. Der renommierte Investmentstratege ging zunächst auf das wirtschaftliche Umfeld ein. Dieses sei geprägt von der demografischen Herausforderung mit einer immer älter werdenden Bevölkerung, einem Trend von der Marktwirtschaft zu mehr Planwirtschaft inklusive einer expansiven Fiskalpolitik, einer hohen Staatsverschuldung sowie dem geopolitischen Umfeld. Dieses sei von einer Krise der Demokratie und dem Aufstieg des Populismus, der Infragestellung des auf dem Dollar basierenden Finanzsystems sowie einer Schwäche der multilateralen Institutionen geprägt.
In den USA steige das Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung. „China finanziert die US-Staatsschulden nicht mehr“, zeigte Wagner auf. Nach dem Ende der Niedrigzinsphase seien in den USA die Nettozinszahlungen in Prozent der Staatseinnahmen merklich angestiegen. Die Folgen des veränderten wirtschaftlichen Umfelds sind nach Ansicht des Strategen ein geringeres Wachstumspotenzial, eine höhere Inflation, ein geringerer Handlungsspielraum der Zentralbanken, fallende Realzinsen und Druck auf die Gewinnspannen der Unternehmen. „Eine strukturell höhere Inflation ist trotz fortschreitender Digitalisierung sehr wahrscheinlich“, erklärte Wagner.
Strukturell höhere Inflation
Die Folgen für Investoren seien erheblich. „Der Schutz des Vermögens, der Kaufkraft ist wichtiger als das Streben nach hohen Renditen“, betonte der Kapitalmarktprofi. Zudem sollten Anleger inflationsbereinigt denken. Volatilität sei der Preis für Kapitalschutz. „Das wahre Risiko ist, dass man sein Kapital dauerhaft verliert“, meinte Wagner.
US-Aktien relativ teuer
Die vergangenen Jahrzehnte seien mit einem deutlichen Inflationsrückgang sehr gut für die Finanzmärkte gewesen, doch jetzt werde das Umfeld schwieriger. „Der Preis bestimmt die Rendite“, so eine Grundüberzeugung des Finanzprofis. Nur sei der US-Markt bereits relativ teuer, was die langfristigen Ertragserwartungen schmälere. Gleichwohl würden viele Leute über ETFs den Index kaufen. „ETFs können Sinn machen, wenn Sie einen Markt kaufen, der günstig ist“, sagte Wagner. Bei einem passiven Investment, vor allem beim S&P, kaufe man die Gewinner der Vergangenheit. Doch blieben die Gewinner-Aktien selten langfristig an der Spitze.
Im aktuellen Umfeld, in dem die Inflation noch immer über den Zielen der Notenbank liege, sollten Investoren Aktien vor Anleihen stellen. Im Fokus sollten dabei Qualitätsunternehmen stehen, von denen es immer weniger gebe. Aktien seien sehr viel besser als Staatsanleihen geeignet, um das Vermögen zu sichern. Wichtig sei die Macht der Dividende. Unternehmen, die jedes Jahr die Dividende erhöhen, erzielten eine überdurchschnittliche Performance. Dauerhaft auszuschütten, sei ein Qualitätsmerkmal für eine Aktie. In dem von Wagner gesteuerten Fonds würden alle enthaltenen Unternehmen eine Dividende zahlen.
Insbesondere den japanischen Aktienmarkt stuft der Finanzprofi als aussichtsreich ein. Über Jahrzehnte seien Aktionäre in Japan nicht sehr wichtig gewesen, das habe sich aber in den vergangenen Jahren geändert. Corporate Governance werde in Japan immer wichtiger. „Und die Gewinnmarge hat Fahrt aufgenommen“, erklärt Wagner. Und wenn sich in Japan etwas ändere, dann würden alle mitziehen.
Japan ist aussichtsreich
Den chinesischen Aktienmarkt bewertet der Stratege als preiswert, nachdem China jahrelang hinter dem Weltaktienindex zurückgeblieben ist. „Und die Leute, die aus China herauswollten, sind schon draußen.“ Insofern habe der chinesische Aktienmarkt durchaus Potenzial.
Am Anleihemarkt rät Wagner, ausgetretene Pfade zu verlassen und in inflationsgebundene Anleihen oder Anleihen aus Schwellenländern zu investieren. Seit der Pandemie hätten sich die Anleihenmärkte der Peripherie deutlich besser als die der Industrieländer entwickelt. Auch seien die finanziellen Verhältnisse in vielen Schwellenländern weitaus besser als in den Industrieländern mit häufig ausufernden Staatsschulden.
In einem Mischfonds spreche vieles für eine Beimischung von Gold als Absicherung. Mittel- bis langfristig erwartet Wagner einen höheren Goldpreis. Das gelbe Metall profitiere von einer hohen physischen Nachfrage durch Zentralbanken. Diese würden in ihren Währungsreserven zunehmend Dollar durch Gold ersetzen. Und auch die Finanznachfrage sollte mit wieder etwas niedrigeren Zinsen zulegen.
Nur inflationsgeschützt
In dem von ihm gesteuerten Mischfonds setzt Wagner seine Überzeugungen um. Dort liegt die Aktienquote aktuell bei 65%, während Anleihen einen Anteil von 13% ausmachen. Die Festverzinslichen seien praktisch alle inflationsgeschützte US-Staatsanleihen. In Gold investiert der Fondslenker vor allem über Goldminengesellschaften, aber nicht über Produzenten, sondern Royalty Companies. Auf der Aktienseite zählen Roche, TSMC oder Hongkong Exchange & Clearing zu den Top-Positionen.