Nvidia sucht nach DeepSeek-Debakel Trumps Nähe
Nvidia sucht nach DeepSeek-Debakel Trumps Nähe
xaw New York
Nach dem historischen Kurssturz der abgelaufenen Börsenwoche sucht Nvidia die Nähe eines starken Beschützers. So eilte Jen-Hsun „Jensen“ Huang, CEO des Chipdesigners, am Freitag ins Weiße Haus, um sich mit US-Präsident Donald Trump über die Strategie der Vereinigten Staaten zu künstlicher Intelligenz (KI) zu beraten.
Zuletzt noch auf Distanz
Die beiden trafen damit erstmals persönlich zusammen – im Gegensatz zu anderen Köpfen der Tech-Szene wie Amazon-Gründer Jeff Bezos, Apple-Chef Tim Cook oder Mark Zuckerberg, CEO von Meta Platforms, war Huang zuletzt nicht bei Trumps Amtseinführung zugegen und spendete kein Geld für die Zeremonie. Stattdessen feierte er in Taiwan mit Mitarbeitern und deren Familien das chinesische Neujahrsfest. Beobachter an der Wall Street wollten darin schnell eine Botschaft sehen: Nvidia sei in ihrer Marktposition so gefestigt, dass sie im Gegensatz zu anderen Größen der Branche nicht dazu gezwungen sei, sich um jeden Preis mit Trump gut zu stellen.
Doch die Vorzeichen für Nvidia haben sich in den Augen vieler Marktteilnehmer dramatisch verändert. Wenngleich das Treffen mit Trump angeblich schon zuvor angesetzt war, brachten Investoren es schnell mit den Ereignissen der alten Börsenwoche in Zusammenhang. Denn jüngst weckte das chinesische Startup DeepSeek Zweifel an der Vormachtstellung der amerikanischen Tech-Riesen bei künstlicher Intelligenz und löste damit einen Kursrutsch an den globalen Aktienmärkten aus.
DeepSeek trainiert weitaus günstiger
Das Unternehmen hatte seinen GPT-4-Rivalen „R1“ erst zu Jahresbeginn lanciert, seine Performance kann laut Mitteilung von DeepSeek allerdings bereits mit jener führender US-Modelle mithalten – und das, obwohl den Chinesen aufgrund von US-Ausfuhrkontrollen weniger fortschrittliche Chips zur Verfügung stehen und sie wohl einen Bruchteil der Mittel investiert haben, die US-Konkurrenten in ihre Anwendungen gesteckt haben. Angeblich kostete das Training von „R1“ lediglich 5,6 Mill. Dollar. Dario Amodei, Chef der KI-Schmiede Anthropic, hatte für die die jüngsten Versionen seiner Modelle Investitionskosten von 100 Mill. bis 1 Mrd. Dollar angesetzt.
Insbesondere Nvidia, deren Grafikprozessoren bisher als wichtigste technologische Grundlage für KI-Rechenzentren von Microsoft, Alphabet oder Amazon sowie große Sprachmodelle von OpenAI und Anthropic galten, musste nach der DeepSeek-Ankündigung eine gewaltige Wertvernichtung verkraften. Das Unternehmen vermarktet derzeit seine neue Halbleiterplattform Blackwell – auf dieser basierende Chips weisen 2,6-mal so viele Transistoren auf wie ihre Vorgängermodelle und bieten damit eine deutlich höhere Performance.
Zunehmend komplexere Chips
Allerdings sind sie deshalb auch komplexer aufgebaut. Statt aus einem zusammenhängenden Stück Silikon bestehen sie aus zwei fortschrittlichen Prozessoren und einer Reihe an Speicherkomponenten. Die Zusammensetzung des Gemischs aus Silikon, Metall und Plastik muss vollkommen reibungslos ablaufen, der Defekt eines einzelnen Teils kann den ganzen 40.000-Dollar-Chip unbrauchbar machen und die viel beachtete Produktionsrendite schwer belasten.
Die Nachfrage nach Blackwell-Prozessoren bezeichnete Nvidia-Finanzchefin Colette Kress zuletzt als „atemberaubend“. Das Unternehmen werde kurzfristig nicht in der Lage sein, alle Kunden vollumfänglich zu beliefern. Der Erfolg von DeepSeek lässt Anleger indes daran zweifeln, dass die gewaltigen Investitionen von Cloud-Riesen und mit ihnen kooperierender KI-Startups in zunehmend leistungsfähigere Halbleiter überhaupt in dem gleichen Maß wie zuletzt notwendig sind.
Gewaltige Investitionsausgaben
J.P. Morgan ging im vergangenen Jahr noch davon aus, dass allein die sogenannten „Glorreichen Sieben“ um Alphabet, Microsoft, Amazon und Apple ihre Investitionsausgaben 2025 auf insgesamt 500 Mrd. Dollar ankurbeln werden. Auch Trump war rund um seinen Amtsantritt auf den KI-Hypezug aufgesprungen. So präsentierte der neue US-Präsident stolz die Rechenzentren-Partnerschaft „Stargate“, über die OpenAI, der japanische Technologieinvestor Softbank, der Datenbankriese Oracle und die von den Vereinigten Arabischen Emiraten gestützte Gesellschaft MGX über die kommenden vier Jahre ebenfalls bis zu 500 Mrd. Dollar in den Ausbau der KI-Infrastruktur in den Vereinigten Staaten stecken wollen.
Die DeepSeek-Ankündigung radierte an den US-Börsen indes kurzfristig eine Marktkapitalisierung von über 1 Bill. Dollar aus. Die Nvidia, Aktie, zuvor seit Ende 2022 auf einer scheinbar nicht aufzuhaltenden Rekordrally, liegt seit Jahresbeginn gerechnet nun mit nahezu 11% im Minus. Von der Börsen-Zeitung befragte M&A-Strategen gehen davon aus, dass China den Zeitpunkt der Bekanntgabe bewusst gewählt habe, um die Vereinigten Staaten möglichst effektiv bloßzustellen. Damit habe Peking nicht nur eine Antwort auf „Stargate“ gegeben, sondern auch auf den handelspolitischen Kurs Trumps.
Zusätzliche Zölle in Aussicht
Am Wochenende wurden neben US-Strafzöllen von 25% auf Importe aus Mexiko und Kanada – auf Energie gilt ein niedrigerer Satz von 10% – auch zusätzliche „Tariffs“ von 10% auf chinesische Güter fällig. Nach seinem Treffen mit Huang kündigte Trump an, die Vereinigten Staaten würden „irgendwann auch Zölle auf Chips verhängen“.
Bereits 2022 hatten die USA umfangreiche Beschränkungen für den Export hochleistungsfähiger Halbleiter und zugehöriger Fertigungstechnik nach China erlassen. Im Oktober 2023 weitete Washington diese aus und schloss Schlupflöcher in bestehenden Regelungen. Hochleistungsfähige KI-Halbleiter, wie Nvidia sie entwickelt, sind ohne gesonderte Lizenz vom Export nach China ausgeschlossen.
USA wollen Marktposition stärken
Zudem müssen die Konzerne die US-Regierung bei Ausfuhren sogenannter Grauzonen-Chips, die knapp unterhalb der höchsten Performance-Schwelle liegen, benachrichtigen, worauf Washington ablehnende Bescheide stellen kann. Nvidia teilte nach Huangs Besuch im Weißen Haus mit, der CEO und der Präsident hätten „über die Bedeutung einer gestärkten Technologie- und KI-Führerschaft der USA“ gesprochen. Nach dem DeepSeek-Debakel dürften laut Beobachtern also noch neue Handelsmaßnahmen auf die Märkte zurollen.