Im InterviewKlaus Kaldemorgen und Christoph Schmidt, DWS

„Wir finden in Europa sehr gute Geschäftsmodelle zu attraktiven Bewertungen“

Klaus Kaldemorgen und Christoph Schmidt, die Manager des 15 Mrd. Euro schweren Mischfonds DWS Concept Kaldemorgen, erläutern im Interview der Börsen-Zeitung, warum man am US-Aktienmarkt die Erwartungen nach unten korrigieren sollte. Und dass sie in Europa attraktive Aktien mit sehr guten Geschäftsmodellen finden.

„Wir finden in Europa sehr gute Geschäftsmodelle zu attraktiven Bewertungen“

Im Interview: Klaus Kaldemorgen und Christoph Schmidt

„Wir finden in Europa sehr gute Geschäftsmodelle“

Die Manager des DWS Concept Kaldemorgen über zu hoch bewertete und günstige Aktien, Risiken an den Märkten, Dollar, Zinsen und Gold

Die renommierten Fondslenker Klaus Kaldemorgen und Christoph Schmidt erläutern im Interview der Börsen-Zeitung, warum man am US-Aktienmarkt die Erwartungen nach unten korrigieren sollte und dass sie im Euro attraktive Aktien mit sehr guten Geschäftsmodellen finden.

Herr Kaldemorgen, Herr Schmidt, Donald Trump hat die Wahl zum US-Präsidenten gewonnen. Was sind die Folgen für die Kapitalmärkte, und was bedeutet das für die Zinsseite?

Klaus Kaldemorgen: Also bisher haben sich die Überraschungen auf der Zinsseite durch die Wahl von Trump in Grenzen gehalten.

Christoph Schmidt: Was natürlich auch daran liegt, dass in den Wochen vor der Wahl die Märkte bereits einiges eingepreist hatten. Da hatten wir schon einen deutlichen Renditeanstieg bei den länger laufenden US-Anleihen gesehen, so dass am Ende die Bestätigung durch die Wahl keine starke Marktreaktion ausgelöst hat. Bei der Zinsentwicklung erwarten wir ein Auseinanderdriften zwischen den USA und Europa. Während in den USA jetzt die Erwartungen hinsichtlich Zinssenkungen im nächsten Jahr deutlich zurückgefahren werden, dürfte die EZB die Zinsen nach wie vor deutlich lockern.

Was ist jetzt am US-Anleihemarkt interessanter, das lange oder das kurze Ende?

Schmidt: Das kurze Ende verliert deutlich an Attraktivität. Dieser Prozess hat bereits durch die Zinsschritte der Fed eingesetzt. Wir haben im Jahresverlauf länger laufende Anleihen in den USA hinzugekauft, also die Duration im Portfolio schrittweise erhöht. Das lange Ende dürfte sich in etwa auf dem jetzigen Niveau halten.  Auch mit Blick auf bestehende Risiken macht es aus unserer Sicht gerade für Multi-Asset-Portfolios wieder deutlich mehr Sinn, in Staatsanleihen auch als sicheren Hafen zu investieren.

Wie sind Sie in Ihrem Fonds auf der Währungsseite positioniert? Und was erwarten Sie für den Dollar?

Kaldemorgen: Jede Vorausschau, die Sie machen, hängt natürlich auch von den Unwägbarkeiten der amerikanischen Politik ab. Beim Dollar haben wir zwei sich widerstreitende Effekte. Einmal ist bekannt, dass sowohl Trump als auch der neue Finanzminister eher einen schwächeren Dollar favorisieren. Auf der anderen Seite ist die sich weiter ausweitende Zinsdifferenz zwischen den USA und dem Rest der Welt sicherlich eher positiv für den Dollar.

Schmidt: Wir haben amerikanische Aktien und auch US-Staatsanleihen höher gewichtet. Und dadurch ist auch der Dollaranteil im Fonds gestiegen. Hinzu kommt, dass wir dem Dollar nicht unbedingt negativ entgegenstehen.

Kaldemorgen: Die USA sind einfach für uns ein attraktiver Anlageraum, sowohl auf der Aktien- als auch auf der Anleiheseite. Zudem muss man berücksichtigen, dass die Kosten für die Absicherung der Währung derzeit hoch sind.

Relativ hoch ist auch die Aktienquote im DWS Concept Kaldemorgen.

Schmidt: Seit Auflegung des Fonds liegt die durchschnittliche Aktienquote bei etwa 35%. Jetzt sind wir bei knapp 40%. Wir haben nach der Wahl keine Veränderungen im Portfolio vorgenommen. Wir haben aber im Vorfeld der Wahl die Aktiengewichtung leicht reduziert und vor allem die regionale Allokation zugunsten der USA verschoben.

Wie beurteilen Sie die Chancen, dass US-Aktien weiter zulegen?

Kaldemorgen: Steigende Gewinne werden ihnen nichts mehr nutzen in den USA. Die Frage ist, ob eventuell durch steigende Zinsen am langen Ende nicht die Bewertung amerikanischer Aktien, die sehr hoch ist, langsam zurückgeht. Und das könnte tatsächlich sogar trotz steigender Gewinne zu Kursverlusten führen.

Schmidt: Wir haben zwei außergewöhnlich gute Aktienjahre hinter uns. Dabei macht die Bewertungsausweitung fast die Hälfte der diesjährigen Wertentwicklung im breiten Aktienmarkt aus. Das wird sich so nicht weiter fortsetzen. Es ist keine Luft mehr nach oben, was die Bewertung angeht. Die Gewinndynamik ist aber weiterhin sehr stark, auch in den USA.

Was heißt das für den US-Aktienmarkt?

Kaldemorgen: Ich glaube, dass nächstes Jahr keine Zinsfantasie mehr am Aktienmarkt ist. Das heißt, wir sind froh, wenn die Zinsen nicht steigen. Am kurzen Ende werden sie sicherlich noch einmal fallen, aber am langen Ende sehe ich wenig Potenzial für sinkende Zinsen. Und was die überdurchschnittliche Performance der großen Werte angeht, so glaube ich, selbst wenn die Gewinne dieser Unternehmen in der gleichen Rate wachsen wie dieses Jahr, könnte das Aufwärtspotenzial limitiert sein. Ich erwarte keine Beschleunigung des Wachstums der großen Werte.

Schmidt: Bei den Glorreichen Sieben investieren wir schon bewertungssensitiv. Einige von ihnen halten wir schlichtweg für zu teuer. Wir haben nur ausgewählte von den Glorreichen Sieben im Portfolio. Das sind auch tatsächlich diejenigen, bei denen es dieses Jahr kaum eine Bewertungsausweitung gegeben hat. Bei diesen ist der Kursanstieg durch die fundamentale Entwicklung untermauert.

Kaldemorgen: Wir rechnen damit, dass es eine Verbreiterung am US-Aktienmarkt geben wird. Man sieht auch, dass sich das Gewinnwachstum des breiten Markts im nächsten Jahr an das der großen Tech-Werte annähert. Entsprechend setzen wir im Portfolio jetzt in den USA im Sinne der Diversifikation mehr auf die Marktbreite als auf diese wenigen Titel, die auch die Indizes dominieren.

Wie beurteilen Sie die Perspektiven europäischer Aktien nach der Wahl Trumps?

Schmidt: Da ist unserer Meinung nach die Stimmung schlechter als die tatsächliche Lage. Trotz der Standortprobleme finden wir in Europa weiterhin sehr gute Geschäftsmodelle zu attraktiven Bewertungen. Unser Schwerpunkt liegt auf stabilen Geschäftsmodellen in defensiven Sektoren wie Versorger, Telekommunikation und Versicherer.

Kaldemorgen: Die strukturellen Probleme haben wir nicht im Portfolio, wozu in Deutschland natürlich die Chemie- und Automobilindustrie zählt. Die waren für uns aber auch schon ohne die Wahl Trumps nicht attraktiv. Insofern glaube ich, es ist es vielleicht manchmal eine Ausrede zu sagen, die europäischen Werte fallen, weil Trump demnächst Zölle erheben will. Manche Probleme, gerade auch in Deutschland, sind hausgemacht. Und die Kurse wären auch gefallen, wenn Harris die Wahl gewonnen hätte.

Sind Immobilienaktien hierzulande wieder attraktiv?

Schmidt: Sie sind sehr selektiv vertreten im Fonds. Das allerdings schon seit Anfang vorigen Jahres. Die Kurserholung zeigt, dass die Talsohle erreicht sein dürfte. Und das ist auch ein Segment, das im Fall einer wirtschaftlichen Abschwächung sogar profitieren könnte, weil der Trend der Mieteinnahmen deutlich Richtung Wachstum zeigt und die Zinsen bei einer mauen Konjunkturentwicklung sinken dürften.

Sind Sie mit Ihrem Fonds am chinesischen Aktienmarkt investiert?

Schmidt: Seit August 2021 nicht mehr. Wir haben in den vergangenen Jahren auch verstärkt die Anteile an europäischen und US-Unternehmen reduziert, die einen hohen Anteil ihrer Gewinne in China erzielen.

Kaldemorgen: China, aber auch andere Emerging Markets haben einfach ein höheres Risiko. Dabei weisen sie nicht unbedingt mehr Potenzial als die europäischen bzw. die amerikanischen Aktienmärkte auf. Deshalb ist unser Schwerpunkt auf den Märkten, wo wir Potenzial sehen, aber deutlich weniger Risiko.

Gold hat sich in diesem Jahr hervorragend entwickelt. Sind Sie weiterhin in Gold investiert?

Schmidt: Ja. Gold ist für uns ein strategisches Investment und dient als Alternativwährung und sicherer Hafen. Wir halten stets rund 7 bis 10% unseres Portfolios in Gold.

Ihr Fonds ist ein risikokontrolliertes Produkt. Worauf achten Sie dabei?

Kaldemorgen: Es sind drei Risikofaktoren, die uns beschäftigen. Es ist die Volatilität, vor allen Dingen die Volatilität des Fonds, aber auch die Volatilität des Aktienmarktes insgesamt. Die Volatilität am Aktienmarkt ist seit Jahresanfang gestiegen. Wir haben es durch die Mischung der Aktien, die wir im Portfolio haben, geschafft, das Risiko im Fonds weiterhin auf einem gleichbleibenden Level zu halten. Aber Risiken können auch durch Zinssteigerungen oder eine Beendigung der Zinssenkungen durch die Notenbanken kommen.

Schmidt: Die Entwicklung des US-Fiskaldefizits unter Donald Trump dürfte richtungsweisend für die Kapitalmärkte werden. Wenn es ausufern würde, besteht natürlich die Gefahr steigender Zinsen am langen Ende, was dann zur Belastungsprobe für die Aktienmärkte werden könnte.

Kaldemorgen: Ein anderes Risiko ist diese starke Konzentration am Aktienmarkt, die historisch einmalig ist. Der amerikanische Aktienmarkt hat einen Anteil von fast 75% am Weltaktienindex MSCI World. Und die zehn größten Werte haben einen Anteil von 36% am US-Aktienmarkt. Da steckt eine Erwartungshaltung drin, die zu einem großen Risiko führen kann, wenn diese enttäuscht wird. Oft werden Wachstumswerte bereits abgestraft, wenn sie ihre Wachstumsrate nicht mehr steigern können oder diese Rate langsam zurückgeht.

Wie reagieren Sie auf dieses Konzentrationsrisiko?

Schmidt: Dass die langfristigen Renditen bei so einer hohen Konzentration eher niedriger ausfallen dürften, das spricht in unserem Portfolio für Diversifikation. Wir betrachten das sehr aus der Perspektive eines risikokontrollierten Multi-Asset-Ansatzes. Mit Blick nach vorne ist es angeraten, sich breiter aufzustellen.

Kaldemorgen: Es gibt doch den Spruch, dass man nicht zweimal wegen derselben Sache verhaftet werden kann. Und so ist es auch an den Aktienmärkten. Man zahlt nicht zweimal für dieselbe Sache. Die Aktienmärkte sind gerade in den USA dieses Jahr 30% gestiegen und sind voriges Jahr ebenfalls stark gestiegen. Das heißt, da sind sehr viele positive Faktoren, auch für kommendes Jahr, schon in die Kursbildung eingeflossen. Deshalb, glaube ich, muss man seine Erwartungen, wie viel mehr die Kurse steigen können, doch gewaltig nach unten korrigieren. Das heißt nicht, dass wir vor einem Crash stehen. Das heißt auch nicht, dass die Kurse nächstes Jahr nicht steigen können. Nur sollte man seine Erwartungen nicht an den Entwicklungen der vergangenen Jahre festmachen.

Das Interview führte Werner Rüppel. Das vollständige Interview finden Sie unter www.boersen-zeitung.de

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.